Unfall nach Vorbeifahren an Fahrzeugschlange

panthermedia_00229591Das Landgericht Saarbrücken (LG) hat mit Urteil vom 16.11.2012 (Az.: 13 S 117/12) zu den Sorgfaltspflichten eines KFZ-Fahrers Stellung genommen, der an einer Fahrzeugschlange links vorbeifährt und mit einem KFZ zusammenstößt, das an einer Tankstellenausfahrt durch eine Lücke auf die Gegenfahrbahn einfährt. In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall von der Beklagten, die links an einer Fahrzeugkolonne vorbeifuhr, um sich auf die Linksabbiegespur einzuordnen. Dabei kollidierte sie mit dem KFZ des Klägers, welches von einem Tankstellengelände durch eine Lücke in der Fahrzeugkolonne nach links in die Straße einfuhr. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte treffe nach den Grundsätzen der „Lückenfallrechtsprechung“ eine Mithaftung. Das Amtsgericht hat entschieden, die Beklagte habe weder gegen Überholverbote verstoßen noch eine Sperrfläche überfahren. Die Rechtsprechung zu den „Lückenfällen“ sei nicht anwendbar. In erster Instanz hat das Amtsgericht Saarlouis (Urteil vom 14.6.2012, Az.: 28 C 340/12 (70)) die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde auch vom LG Saarbrücken kostenpflichtig zurückgewiesen. Das LG hat ausgeführt, dass bei der nach § 17 Abs. 1, 2 StVG angezeigten Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile die Ehefrau des Klägers als Fahrerin den Unfall verschuldet habe. Ein Mitverschulden der Beklagten sei ebenfalls nicht festzustellen. So sei ein Verstoß gegen das Verbot des Überfahrens einer durchgehenden (Mittel-)Linie (Zeichen 295) nicht anzunehmen, da die Mittellinie an der Unfallstelle unterbrochen ist. Auch nach der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme sei ferner nicht ersichtlich, dass die Beklagte gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot des § 1 Abs. 2 StVO verstoßen habe. Da die nach § 17 StVG gebotene Abwägung der Mitverursachungs- und -verschuldensanteile die Betriebsgefahr eines Unfall-KFZ hinter das Verschulden eines anderen zurücktreten lassen und zu einer Alleinhaftung eines Unfallbeteiligten führen kann, sollten Unfallbeteiligte die Schadensregulierung gleich nach dem Unfallereignis in die Hände eines erfahrenen Anwalts legen, der auch frühzeitig über eine außergerichtliche Schadensregulierung und ein etwaiges Prozesskostenrisiko aufklären kann.