Heißt Reißverschlussverfahren, dass man sich frühzeitig in die Nebenspur einordnen muss?

Das ist falsch! Es gilt beim Reißverschlussverfahren oder Reißverschlussprinzip genau der umgekehrte Fall. Dennoch scheint sich der volkstümliche Rechtsirrtum hartnäckig in den Köpfen festgesetzt zu haben. Viele Autofahrer glauben, wenn ein Fahrstreifen endet, muss man sich möglichst frühzeitig auf den weiterführenden Fahrstreifen einordnen. Wer bis vorne vorfährt, gilt als Drängler und wird beschuldigt sich ordnungswidrig zu verhalten.

Viele, die das glauben sind sozusagen Überzeugungstäter, die im Ernstfall auf ihr vermeindliches Recht bestehen. Andere wiederum scheinen alleine mit dem Gedanken an das folgende Einfädeln nicht zurecht zu kommen und werden so nervös, dass sie sich schon Kilometer weiter vorher einfädeln wollen. Und dies obwohl das richtige Verhalten, das Reißverschlussverfahren, seit 2001 sogar in der Straßenverkehrsordnung geregelt ist. In §7 Abs.4 StVO heißt es:

„Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, so ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, daß sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlußverfahren).“

Hier nochmal in Stichpunkten: Immer bis zur Engstelle vorfahren – das ist der Einfädelpunkt! Einfädeln nach dem Reißverschlussverfahren und zwar immer im Wechsel einer von links dann einer von rechts usw.

Das Reißverschlussverfahren gilt jedoch nur, wenn eine Fahrspur endet oder zeitweise nicht befahren werden kann wie beispielsweise nach einem Unfall oder an einer Baustelle. Deshalb: Beim Auffahren auf Autobahnen gilt kein „Reißverschlussverfahren“. Hier haben immer die Fahrzeuge auf der durchgehenden Fahrspur Vorrang vor den Fahrzeugen auf dem Beschleunigungsstreifen.

Einige werden sich jetzt fragen, warum das Ganze? Na, ganz einfach: Später Fahrstreifenwechsel beeinträchtigt den Verkehrsfluss am wenigsten. Wenn das Reißverschlussverfahren richtig praktiziert wird, profitieren alle Verkehrsteilnehmer davon. Der Verkehr fließt besser, und viele Rückstaus mit der Gefahr von Auffahrunfällen lassen sich vermeiden.