Halteverbots-Schilder dürfen nicht leicht zu übersehen sein

Werden Halteverbotsschilder so aufgestellt, dass sie leicht zu übersehen sind, ist der Falschparker entlastet. Gerade kurzzeitig geltende absolute Halteverbote müssen so gut beschildert sein, dass sie ohne weiteres zu erkennen sind. 

Genügt das Halteverbot diesem so genannten Sichtbarkeitsgrundsatz nicht, kann der Autofahrer nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 6. April 2016 (Az. 3 C 10.15) für Parkverstöße nicht verantwortlich gemacht werden. Ein parkender Autofahrer muss danach nicht aktiv nach Verbotsschildern suchen, wenn hierfür kein Anlass besteht.

In den Urteilsgründen heißt es, dass es bei Verkehrszeichen für den ruhenden Verkehr nicht darauf ankommt, ob der betroffene Verkehrsteilnehmer das Verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen hat oder nicht. Vielmehr ist maßgeblich, dass die Verkehrszeichen so aufgestellt sind, dass „ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der gemäß § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt und ungestörten Sichtverhältnissen während der Fahrt oder durch einfache Umschau beim Aussteigen (diese) ohne weiteres erkennen kann… zu einer Nachschau ist der Verkehrsteilnehmer nur verpflichtet, wenn hierfür ein Anlass besteht.“
Der Entscheidung lag die Klage eines Mannes zu Grunde, dessen PKW im Jahr 2010 in Berlin abgeschleppt wurde. Er hatte sein Fahrzeug in einem Straßenabschnitt geparkt, wo wegen eines am darauf folgenden Tag stattfindenden Straßenfestes durch vorübergehend angebrachte Verkehrszeichen ein absolutes Halteverbot ausgeschildert war. Hierfür sollte er 125 € Gebühren bezahlen. Hiergegen setzte sich der Verkehrsteilnehmer zur Wehr. Er führte an, dass die Schilder nicht mit einem raschen und beiläufigen Blick erkennbar waren und von daher das Halteverbot nicht wirksam bekannt gemacht worden ist.
In den Vorinstanzen konnte er hiermit kein Gehör finden. So hat das Oberverwaltungsgericht eine anlasslose Nachschaupflicht angenommen, ohne dies näher auszuführen. Dem widerspricht nunmehr das Bundesverwaltungsgericht und schließt sich der Argumentation des be-troffenen Autofahrers unter Hinweis auf den Sichtbarkeitsgrundsatz an.

Das nicht hinreichende Deutlich machen einer verkehrsrechtlichen Anordnung geht künftig zu Lasten der Behörde. Vor einem Abschleppen sollte von daher die Parksituation fotografisch dokumentiert werden, um streitige Fälle später klären zu können.

 

______________________________________________

Michael Schmidl, anwaltschmidl.de

Der Autor ist Rechtsanwalt und Gründer der Fachanwaltskanzlei für Versicherungs- und Verkehrsrecht Schmidl. Er ist seit 2005 Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Leserreaktionen an kontakt@anwaltschmidl.de