Die schwarze Liste der Versicherer

… ist natürlich keine. So zumindest das Versprechen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV) auf www.informa-irfp.de/de/index.html. Ein Eintrag im „Hinweis- und Informationssystem“ (HIS) ist danach für den Versicherer (nur) ein Signal, bestimmte Vorgänge in der Bearbeitung näher zu betrachten. Der Sachbearbeiter ist also gehalten, weitere Ermittlungen durchzuführen, was irgendwie an einen „Anfangsverdacht“ zumindest erinnert. Wer also macht sich verdächtig in diesem Sinne?

Es gibt folgende vordefinierte Meldekriterien, die sich in die folgenden Kategorien eingruppieren lassen:

  • atypische Schadenhäufigkeiten,
  • besondere Schadenfolgen,
  • erschwerte Risiken,
  • Auffälligkeiten im Schaden-/Leistungsfall.

Für den hier relevanten Bereich der Kraftfahrtversicherung ist hervorzuheben, dass fiktive Schadensabrechnungen „ab einer gewissen Höhe“ an das HIS gemeldet werden. Eine Abrechnung nach Gutachten kann also einen Eintrag auslösen, obwohl der Geschädigte (!) lediglich ein vom BGH wiederholt bestätigtes Recht ausübt. Auch Personen, die an einem Schadenfall beteiligt sind, können wegen Auffälligkeiten zum Schadenhergang, -bild oder -umfang an das HIS gemeldet werden. Offen bleibt insoweit, um welche Personen es sich hier handeln soll (Sachverständige, Werkstattmitarbeiter, Zeugen etc.?). Auch zur Höhe der „gewissen Höhe“ schweigen sich die Pressemitteilungen und das Informationsblatt des GDV genau so aus, wie zu der Frage, wann ein Schadensfall „auffällig“ ist.

Derartiges trägt nicht gerade zur Akzeptanz einer derartigen Liste bei, obwohl die Bekämpfung von Versicherungsmissbrauch und -betrug gerade auch im Interesse der Versichertengemeinschaft ist.

Sicher, die seit 1993 geführte Liste wurde jetzt zum 01. April 2011 erheblich verbessert. So wurde vor allem auch ein Recht auf Auskunft, Korrektur und Löschung eingeführt. Dennoch fehlt es weit(er)hin an der notwendigen Transparenz (s.o.) und der Umstand, dass auch im Jahr 2011 nur per Post eine Auskunftsanfrage gestellt werden kann ist vorsichtig formuliert ein Anachronismus. Das Verkehrszentralregister des Kraftfahrtbundesamts wäre durchaus ein Vorbild: Jeder kann in Erfahrung bringen, was dort eingetragen wird und jeder kann dort online anfragen, was über ihn eingetragen ist.

Mit der jetzigen Reform hat man sich zwar auf den richtigen Weg gemacht, ist ihn aber nicht zu Ende gegangen. Warum auch immer. 

 

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Michael Schmidl, anwaltschmidl.de

Der Autor ist Rechtsanwalt und Gründer der Fachanwaltskanzlei für Versicherungs- und Verkehrsrecht Schmidl. Er ist seit 2005 Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht.

Sie erreichen den Autor unter: kontakt@anwaltschmidl.de

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