Bundesgerichtshof bejaht in Grundsatzurteil die Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten beim Tanken ohne Bezahlung

Der Bundesgerichtshof hat am 04.05.2011 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 171/10 entschieden,
dass eine Tankstellenbetreiberin die zur Ermittlung eines Kunden aufgewandten
Kosten von diesem erstattet verlangen kann, wenn er ohne zuvor zu bezahlen das
Tankstellengelände verlässt.

 

 

Zugrunde lag der Entscheidung folgender Sachverhalt:

Der beklagte Kunde tankte am 7. März 2008 an der von der Klägerin geführten
Selbstbedienungstankstelle an der A8 Dieselkraftstoff zum Preis von 10,01 €. An
der Kasse bezahlte er lediglich einen Schokoriegel und zwei Vignetten zu einem
Gesamtpreis von 25,30 €. Die Tankstellenbetreiberin schaltete, nachdem sie
bemerkt hatte, dass der Kraftstoff nicht bezahlt worden war, ein Detektivbüro
zur Ermittlung des „Wegfahrers“ ein. Hierfür sind Kosten in Höhe von 137 €
angefallen. Zudem begehrte die Tankstellenbetreiberin die Erstattung einer
Auslagenpauschale von 25 € und vorgerichtlicher Anwaltsgebühren in Höhe von 39
€.

Das Amtsgericht Rosenheim hat mit Urteil vom 13. August 2009 – Az. 9 C 2095/08 – die
Klage der Tankstellenbetreiberin abgewiesen. Die Rechtsanwälte Dr. Herzog und
Dürr aus Rosenheim legten gegen dieses Urteil für die Tankstellenbetreiberin
erfolgreich Berufung ein. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht Traunstein
sich mit Urteil vom 7. Juli 2010 – 5 S 2956/09 – den Argumenten der Rosenheimer
Rechtsanwälte angeschlossen und der Berufung stattgegeben.

Das Landgericht Traunstein ließ die Revision gegen das Urteil zu. Die Rechtssache
hatte nach Auffassung des Landgerichts grundsätzliche Bedeutung, denn
vergleichbare Entscheidungen gab es noch nicht. Die sodann geführte Revision
des beklagten Tankkunden beim Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg.

Der auch für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
entschieden, dass die Tankstellenbetreiberin die geltend gemachten Beträge
jedenfalls als Verzugsschaden gemäß § 280 Abs. 1, 2, § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4
BGB zustehen.

Der Senat hat in der Entscheidung klargestellt, dass beim Tanken an einer
Selbstbedienungstankstelle ein Kaufvertrag über den Kraftstoff bereits mit der
Entnahme desselben zustande kommt. Der Senat hat zudem entschieden, dass sich
der Tankstellenkunde schon zum Zeitpunkt des Verlassens der Tankstelle im
Verzug mit seiner Zahlungspflicht befunden hat. Einer Mahnung bedurfte es für
den Verzugseintritt hier nicht, denn es ist dem Kunden einer
Selbstbedienungstankstelle offensichtlich, dass er unverzüglich nach dem Tanken
den Kaufpreis entrichten muss. Eine gesonderte Zahlungsaufforderung ist dem
Tankstellenbetreiber zudem in der Regel ohne erheblichen Aufwand nicht möglich,
sobald der Kunde die Tankstelle verlassen hat, da ihm die Personalien des
Kunden und dessen Anschrift unbekannt sind.

Als Folge des Verzuges kann die Klägerin Ersatz ihrer Rechtsverfolgungskosten
verlangen. Dazu gehören im entschiedenen Fall auch die Kosten des
Detektivbüros, da eine mehrstündige Videoauswertung vorgenommen werden musste,
die die Klägerin nicht mit eigenem Personal bewerkstelligen konnte. Für die
Frage der Angemessenheit der Höhe der Kosten ist nicht primär auf das
Verhältnis zum Kaufpreis abzustellen, sondern darauf, ob die Aufwendungen sich
im Rahmen dessen halten, was ein verständiger Mensch in gleicher Lage
aufgewandt hätte. Dies war nach den vom Bundesgerichtshof gebilligten
Feststellungen des Berufungsgerichts hier der Fall, weil Tankstellenbetreiber
sich auch bei relativ geringfügigen Beträgen nicht darauf verweisen lassen
müssen, von Ermittlungen wegen unbezahlt getankten Kraftstoffs abzusehen.

Das Urteil wird für viele Tankstellen von grundlegender Bedeutung sein.

Über den Autor:

Rechtsanwalt Dr. jur. Marc Herzog. LL.M. ist Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für
Verkehrsrecht. Er ist bundesweit tätig und hilft in den Bereichen Strafrecht, Verkehrsrecht
und Versicherungsrecht v.a. auch im Bußgeldrecht, bei Unfallregulierungen und
Führerscheinproblemen professionell. Dr. Herzog ist Master of Laws (LL.M.) im
Verkehrs-, Straf- und Versicherungsrecht.

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