BGH Kaufrecht: Auch bei „branchenfremden Geschäft“ keine „Umgehung“ der Sachmängelrechte des Käufers

BGH Kaufrecht: Auch bei „branchenfremden Geschäft“ keine „Umgehung“ der Sachmängelrechte des Käufers

Bundesgerichtshof entscheidet zum Vorliegen eines
Verbrauchsgüterkaufs bei einem Pkw-Verkauf durch eine GmbH

Der Bundesgerichtshof hat am 13.07.2011 entschieden, dass der
Verkauf eines Gebrauchtwagens durch eine GmbH an einen Verbraucher
grundsätzlich auch dann den Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (§ 474
BGB*) unterliegt, wenn es sich hierbei um ein für die GmbH „branchenfremdes“
Nebengeschäft handelt.

Der Ehemann der Klägerin kaufte im Dezember 2006 von der
Beklagten, einer im Bereich der Drucktechnik tätigen GmbH, unter Ausschluss
jeglicher Gewährleistung einen gebrauchten Pkw zum Preis von 7.540 €. Nach
Übergabe und Bezahlung des Fahrzeugs erklärte der Ehemann der Klägerin mit
Anwaltsschreiben im Januar 2007 die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger
Täuschung mit der Begründung, die Beklagte habe ein Klappergeräusch im
Motorbereich verschwiegen. Die Beklagte erwiderte, das Fahrzeug sei zum
Zeitpunkt der Übergabe mangelfrei gewesen, wies die Anfechtung zurück und
lehnte die Rückabwicklung des Kaufvertrags ab. Mit ihrer Klage hat die Klägerin
aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Beklagte auf Zahlung von 7.540 €
nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs sowie Feststellung des
Annahmeverzugs in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage weitgehend
stattgegeben.

 

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte
Erfolg und führte zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden
erstinstanzlichen Urteils. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Anschluss an die Rechtsprechung des
XI. Zivilsenats zum Verbraucherdarlehensvertrag (BGHZ 179, 126 ff.)
entschieden, dass auch der Verkauf beweglicher Sachen durch eine GmbH im
Zweifel zum Betrieb des Handelsgewerbes der GmbH gehört (§ 344 Abs. 1 HGB**)
und damit, auch soweit es sich um branchenfremde Nebengeschäfte handelt, unter
die Bestimmungen der §§ 474 ff. BGB* über den Verbrauchsgüterkauf fällt. Es ist
nicht erforderlich, dass der Geschäftszweck der Handelsgesellschaft auf den
Verkauf von Gegenständen gerichtet ist. Da die Beklagte die gesetzliche
Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB nicht widerlegt hat, handelt es sich auch im
vorliegenden Fall um ein Unternehmergeschäft im Sinne der §§ 14, 474 BGB*, so
dass der Beklagten die Berufung auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss
verwehrt ist. Gleichwohl hatte die Klage keinen Erfolg. Ein Rücktritt vom
Kaufvertrag wegen eines Sachmangels des Fahrzeugs scheiterte daran, dass der
Ehemann der Klägerin der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte.
Eine Fristsetzung war nicht, wie das Berufungsgericht gemeint hat, im
vorliegenden Fall entbehrlich. Die tatrichterlichen Feststellungen
rechtfertigen nicht die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Beklagte die
Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hätte.

 

 

BGH Urteil vom 13. Juli 2011 – VIII ZR 215/10

zitiert nach der Bundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr. 126/2011 vom 13.07.2011

 

Über den Autor:

Rechtsanwalt Dr. jur. Marc Herzog. LL.M. ist Fachanwalt für Strafrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht. Er ist bundesweit tätig und hilft in den Bereichen Strafrecht,
Verkehrsrecht und Versicherungsrecht v.a. auch im Bußgeldrecht, bei
Unfallregulierungen und Führerscheinproblemen professionell. Dr. Herzog ist
Master of Laws (LL.M.) im Verkehrs-, Straf- und Versicherungsrecht.

mehr Infos:

www.drherzog.de