Anscheinsbeweis bei Verkehrsunfall mit Fußgänger

Wenn sich ein Verkehrsunfall in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Überqueren der Fahrbahn durch einen Fußgänger ereignet, kann der Anscheinsbeweis dafür sprechen, dass der Fußgänger unter Missachtung der Sorgfaltsanforderungen des § 25 Abs. 3 StVO ohne hinreichende Beachtung des Fahrzeugsverkehrs auf die Fahrbahn trat. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken mit Urteil vom 13.4.2010 (Az.: 4 U 425/09 – 120) entschieden. Allerdings ist der Anscheinsbeweis erschüttert, sofern die Straße in der Annährungsrichtung des unfallbeteiligten Fahrzeugs nur eingeschränkt eingesehen werden kann und die Möglichkeit besteht, dass der Kraftfahrer bei Beginn der Überquerung noch nicht wahrgenommen werden konnte. In dem Rechtsstreit verlangte der Kläger von dem Beklagten Schadensersatz, weil letzterer als Fußgänger auf die Straße trat, die der Kläger mit seinem Motorrad befuhr. Standort und Verhalten des Beklagten im Zeitpunkt der Annäherung des Klägers stehen zwischen den Parteien im Streit. Unbestritten bremste der Kläger sein Motorrad stark ab, stürzte, fiel und schleuderte weiter, bis er ohne den Beklagten zu berühren an einer Böschung zum Stillstand kam. Der Kläger wurde verletzt, und an seinem Motorrad entstand Sachschaden. Er führte aus, sein Motorrad mit angepasster Geschwindigkeit geführt und den Beklagten erstmals wahrgenommen zu haben, als dieser sein Fahrrad aus Richtung des Klägers von links über die Landstraße geschoben habe. Da der Beklagte unvermittelt auf der rechten Fahrbahn mittig stehen geblieben sei, habe er mit seinem Fahrrad die Fahrspur des Klägers erheblich versperrt. Das Landgericht hatte der Klage auf der Grundlage einer 75-prozentigen Haftung des Beklagten stattgegeben. Mit der hiergegen gerichteten Berufung erstrebt der Beklagte die vollständige Klageabweisung. Die Berufung bleibt überwiegend erfolglos, da das OLG die Schadensersatzpflicht des Beklagte gemäß § 823 Abs. 1,2 BGB wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Verkehrsvorschrift des § 25 Abs. 3 StVO bestätigte. Das OLG hat bei der Haftungsabwägung gemäß § 254 Abs. 1 BGB neben der Betriebsgefahr des Motorrades auch eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Klägers von 15 km/h in Ansatz gebracht und daher eine Haftungsquote von 2/3 zu 1/3 zu Gunsten des Klägers festgesetzt. Da die Betriebsgefahr und die Geschwindigkeit von Fahrzeugen immer Einfluss auf die Haftungsquote haben, sollten Unfallgeschädigte bei der Schadensregulierung stets anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen.

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